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dritten ACM-Turnier 1973 in Boston siegte die nochmals überarbeitete
Version Chess 3,6 auf einem CDC 6000 in gleicher Weise wie seine Vorgänger
mit 100 % aus drei Partien. Wieder waren acht Programme am Start. Doch
diesmal traf Chess auf deutlich härtere Gegenwehr. Gegen den späteren
Zweiten Tech benötigte Chess 3,6 51 Züge, gegen Ostrich, in der Schlußabrechnung
Drittplazierter, mußte sich Chess 3,6 77 Züge lang quälen und gegen
den Vierten Coco III immerhin 71 Züge, weshalb hier auf die Wiedergabe
einer Gewinnpartie verzichtet werden soll. Mangelnde
Mittel-und Endspielfähigkeiten waren für die Programmautoren schließlich
die Gründe, die sie dazu bewegte ihren Zögling bis 1973 gründlich zu
überarbeiten. 12:
1973; CHESS 4,0: DER NEUE MAßSTAB: Das
gänzlich neue Programm Chess 4,0 lief auf einem CDC 6-4000-Computer und
benutzte nun die A-Strategie. Die alten Versionen verbrauchten nach
Ansicht der Programmautoren zuviel Zeit um die guten von den schlechten
Züge zu trennen. Das neue Programm sollte diese Zeit lieber für eine
tiefere Berechnung nutzen. Das Ergebnis war für 1973 eine geradezu
atemberaubende Geschwindigkeit bei der Bewertung von Schachstellungen:
Bis zu 600 (andere Quellen nennen sogar 6000, was aber nicht stimmen dürfte)
Stellungen pro Sekunde konnten generiert und geprüft werden! Großes
Lob erntete überwiegend auch die Eröffnungsbibliothek, die immerhin
schon ca. 5000 Stellungen enthielt. Doch auch Lücken waren noch
vorhanden. Doch auch Chess 4,0 hatte noch lange nicht das erhoffte
ELO-Rating von 2000 erreicht. Realistisch waren etwa 1600 bis 1700
ELO-Punkte. Dennoch gewann natürlich das neue Programm das ACM-Turnier
von 1973 in Atlanta. Dabei sah es zunächst gar nicht gut aus. Chess 4,0
gelang nämlich in der zweiten Runde nur ein Remis gegen das unbekannte
Programm Dartmouth CP und konnte erst in der letzten Runde den direkten
Konkurrenten um den ersten Platz, Chaos, in der folgenden Partie
schlagen: (11) Chaos - Chess 4,0 [D29] [ACM-Turnier Atlanta, 4.Runde,28.August 1973] 1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.Sf3 Sf6 4.e3 e6 5.Lxc4 c5 6.0–0 a6 7.De2 b5 8.Lb3 Lb7 9.Sc3 Sbd7 10.Ld2 Ld6 11.Tfe1 cxd4 12.exd4 0–0 13.Lg5 Db6 14.Lc2 Lxf3 15.Dxf3 Dxd4 16.Tad1 Db4 17.g3 Dxb2 18.Te2 Da3 19.Dc6 Lb4 20.Txd7 Tac8 21.Tc7 Txc7 22.Dxc7 Dxc3 23.Db7 Dc4 24.Ld1 Td8 25.Te5 Txd1+ 26.Kg2 Df1+ 27.Kf3 Dh1+ 28.Ke2 Te1+ 29.Kd3 Df1+ 30.Kd4 Dc4# 0–1 Erwähnenswert
ist noch, daß auf dem siebten Platz ein neues Programm von Ken Thompson
und Joe Condon landete, dessen Name einige Jahre später einen großen
Klang bekommen sollte: Belle. 13:
1974; DIE ERSTE COMPUTER-WELTMEISTERSCHAFT: Auf
Anregung von David Levy, sowie Monroe Newborn und Benjamin Mittman wurde
für 1974 die erste Computerschach-Weltmeisterschaft in Stockholm
ausgeschrieben. Als Favorit galt natürlich das “Wunderprogramm”
Chess 4,0, doch dieses strauchelt in der zweiten Runde gegen Chaos.
Diese Partie gehört zu den meistbeachteten überhaupt, denn in ihr
bringt Chaos das wahrscheinlich erste positionelle Figurenopfer in der
Geschichte des Computerschachs! Diese Stellung ist ein Diagramm wert: (12) Chaos - Chess 4,0 [WM in Stockholm, 2.Runde,02.08.1974] DIAGRAMM 4:
wKg1,Qe2,Na4,d4,Bb3,c1,Ra1,d1,Pa2,b2,f3,g3,h2/bKe8,Qb8,Nd7,f6,Bd6,g6,Ra8,h8,Pa6,b4,e6,f7,g7,h7 Chess
4,0 hatte zwei Züge zuvor frevlerisch einen Bauern auf e4 gefressen,
der ihm noch schwer im Magen liegen sollte, denn Chaos brachte nun das für
einen Menschen naheliegende aber für einen Computer der damaligen Zeit
schwer zu findende Opfer 16.Sd4xe6!!. Die weitere Fortsetzung von Chaos
im sechsten und siebten Zug zeigte dann aber, daß der Rechner tatsächlich
nichts Konkretes gesehen hatte. 1.Sxe6 fxe6 2.Dxe6+ Le7 3.Te1 Dd8
4.Lf4 Kf8 5.Tad1 Ta7 6.Tc1 Sg8 7.Tcd1 a5 8.Ld6 Lxd6 9.Dxd6+ Se7 10.Sc5
Lf5 11.g4 De8 12.La4 b3 13.gxf5 bxa2 14.Lxd7 (und Weiß setzte im 79. Zug Matt Sieger
aber wurde das russische Programm Kaissa, das alle seine vier Partien
gewann, aber nicht gegen Chess 4,0 oder den Drittplazierten Ribbit
spielen mußte, was aber seinen Sieg nicht schmälern soll! Immerhin
setzte es Chaos, den allerdings im 14. Zug die Kräfte im Stich ließen,
in 36 Zügen Matt. Hier die Partie: |