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27: 1986: FAST WÄRE DIE GROßE SENSATION GELUNGEN:

Um es vorweg zu sagen, Hightech konnte seiner Favoritenrolle bei der Schachcomputer-Weltmeisterschaft vom 11. bis 15. Juni 1986 in Köln nicht gerecht werden. Sieger wurde wieder einmal Cray Blitz, der aber trotzdem ein wenig im Schatten von Hightech und ... einem Mikro stand! Hightech zeigte die besten Partien in Köln, darunter eine gegen das deutsche Programm Schach 2,7, die als so etwas wie die unsterbliche unter den Computerpartien gilt:

(29) Hightech - Schach 2,7 [B86]

[WM Köln , 2.Runde,  12.06.1986]

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.Lc4 e6 4.d4 cxd4 5.Sxd4 Sf6 6.Sc3 Le7 7.Le3 Sbd7 8.Dd2 Se5 9.Le2 0–0 10.h3 Ld7 11.Sf3 Sxf3+ 12.gxf3 Da5 13.0–0–0 Tac8? (der erste echte Fehler, jeder Siziliansch-Spieler weiss, dass der F-Turm nach c8 gehoert!) 14.Thg1 Tfe8 15.Lh6 g6 16.Lg5 Dc5? (Dieser Zug verschenkt voellig unnoetig ein Tempo und verliert vielleicht schon die Partie) 17.Df4 Sh5 18.Dh4 f6 [18...Lxg5+ haette nach 19.Txg5 d5 20.Dxh5 eine Figur gewonnen; 18...Lf8 haette nach 19.Dxh5!! gxh5 20.Lf6+ Lg7 21.Txg7+ Kf8 22.Tdg1 mit baldigem Matt ebenfalls verloren] 19.Le3 Da5 20.Lb5!! (Dieser Zug war es, der Publikum wie auch Kommentatoren begeisterte, ein Verstellungsmotiv, wie aus dem Lehrbuch) 20...Lxb5 21.Dxh5 g5 [(An dieser Stelle erwog der Live-Kommentator Vlastimil Hort 21...Tc8xc3, doch Hightech hatte fuer diese Variante ein Matt in sieben Zuegen zu seinen Gunsten angezeigt) 21...Txc3 22.Txg6+ Kh8 23.Dxh7+ Kxh7 24.Th6+ Kg7 25.Tg1+ Kf8 26.Th8+ Kf7 27.Th7+ Kf8 28.Lh6#] 22.Lxg5 fxg5 23.Txg5+ Kh8 24.Tdg1 1–0

 

Nach dieser Partie war für alle klar, daß Hightech auch Weltmeister werden würde, doch beim Aufeinandertreffen mit Cray Blitz patzte Berliners Programm, so daß beide auf vier Punkte kamen. Während der Partie wurde schnell nachgerechnet, daß diese Niederlage die große Chance eines ganz Kleinen war: Der Mikrorechner Rebell von Ed Schröder hatte bis zur dritten Runde 3 Punkte und wäre bei einem Sieg gegen Bebe in der letzten Runde aufgrund der besseren Buchholz-Wertung alleiniger WELTMEISTER ALLER KLASSEN geworden! Doch die Bit-Slice-Maschine Bebe konnte über 45.000 Stellungen pro Sekunde berechnen, welche Siegesaussichten sollte da ein Mikro mit einer Rechengeschwindigkeit von etwa 1000 Stellungen (im Turnier) pro Sekunde haben? Doch das Unglaubliche hätte geschehen können: Rebell stand gegen Bebe auf Gewinn!

(30) Rebel - Bebe [A70]

[WM Köln 5.Runde,  15.06.1986]

1.d4 Sf6 2.c4 c5 3.d5 e6 4.Sc3 exd5 5.cxd5 d6 6.e4 g6 7.Lf4 a6 8.Sf3 Lg4 9.Le2 Db6 10.Dd2 Lg7 11.0–0 0–0 12.h3 Lxf3 13.Lxf3 Sbd7 14.Tad1 Tfe8 15.b3 Se5 16.Le2 Db4 17.Dc2 Te7 18.Lg3 Tae8 19.Tfe1 g5 20.Tf1 Kh8 21.Tc1 h5? (Beinahe ein spielentscheidender Fehler) 22.f4 gxf4 23.Txf4 Sg6 24.Tf5 Sxe4 25.Sxe4 Dxe4 26.Dxe4 Txe4 27.Lxh5 Se7 28.Txf7 Ld4+ 29.Kh1 Sxd5 30.Txb7 Td8 31.Lf3 Te3 32.Lh4 Sf6 33.Tf7 Te6 34.Ld5 Sxd5 35.Lxd8 Sb4 36.a3 Kg8 37.Tcf1 Sc2 38.Tf8+ Kg7 39.a4 d5 40.h4 Se3 41.T1f7+ Kg6 42.Tc7 Sd1 43.Tg8+ Kf5 44.Tf7+ Ke4 45.g4 Kd3 46.h5 Te1+ 47.Kg2 Se3+ 48.Kg3 Le5+ 49.Kh4 Th1+ 50.Kg5 Tg1 51.Kg6 Txg4+ 52.Lg5 Tb4 53.Lxe3 Kxe3 54.Te8 Tg4+ 55.Kh7 Te4 

56.Ta7?? (Wahrscheinlich der frevlerischste Bauernraub in der Geschichte des Computerschachs.) [Anstatt die Partie mit der Zugfolge 56.Tfe7 Kd4 57.Txe5 Txe5 58.Txe5 Kxe5 59.Kg6 d4 60.h6 d3 61.h7 und weisser Bauernumwandlung mit Schach nach Hause zu bringen, begibt sich Rebel auf die Doerfer! Mephisto ging hier ein grosses Geschaeft durch die Lappen, denn waehrend der WM wurde bekannt, dass Ed Schroeder einen Vertrag mit Hegener & Glaser unterschrieben hatte. Der Weltmeistertitel waere an Werbewert gar nicht mit Geld aufzuwiegen gewesen!] 56...d4 57.Txa6 d3 58.Tg6 d2 59.Tg1 Kf2 60.Teg8 Te1 61.T1g2+ Ke3 62.Txd2 Kxd2 63.Tc8 Ld4 64.Tb8 Te6 65.Tb7 Kc2 66.b4 c4 67.b5 c3 68.Td7 Kd3 69.b6 c2 70.b7 c1D 1–0

Nach der offiziellen Markteinführung des Rebel-Moduls waren die meisten Besitzer jedoch sehr enttäuscht von ihrem “Fast-Weltmeister”. Das Rebel- Programm hatte nicht nur diverse Bugs, die es zum Beispiel bei Matt gelegentlich weiter spielen ließen, es war auch längst nicht so stark wie nach den Ergebnissen von Köln erwartet worden war.

Hier zeigte sich deutlich, wie wenig Aussagekraft ein Turnier nach Schweizer System haben kann, noch dazu wenn nur fünf Runden gespielt werden!

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