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Das Programm rechnete grundsätzlich vier Halbzüge tief, wobei fast ausschließlich Material und die Beweglichkeit der Figuren als Bewertungsmaßstäbe herangezogen wurden. Dennoch benötigte der Computer für eine durchschnittliche Partie ungefähr 10 Stunden! So wurden die Fähigkeiten des Programmes in nur drei Spielen auf die Probe gestellt. Wobei in der dritten Partie tatsächlich ein bemerkenswerter Sieg verbucht wurde. Eine nur knapp mit dem Schachspiel vertraute Sekretärin der Firma steckte die erste Niederlage für die Menschen in der Geschichte des Computerschachs ein! Der Jubel muß grenzenlos gewesen sein.

Diese Partie ist erhalten geblieben und kann vielleicht einen kleinen Eindruck der Spielfähigkeiten der Dame und des Programms vermitteln!  

(Diese Partie wurde auf einem 6x6 Feld Schachbrett gespielt, daher ist sie nicht in der Datenbank und kann auch nicht geladen werden)

 Weiß: Maniac I Schwarz: Mensch

1.e4 c5  2.Sg4 e5  3.c4  f5  4.Sf2 b5  5.cxb5 (?) Sxb5  6.Ke3  Sd4  7.Sxd4  cxd4+  8.Ke2  g5  9. b4 Tc7 10. b5  Tb7 11. b6  Ke6 12.Db4  Dc6  13.Db3+ Kf6 14.Tc2 (?)  Txb6 15.Txc6  Txb3 16.Tc2

Der Mensch drohte Matt!  16. ...  Tb3-b5  17. g3-g4  Tg7-g6? 18. g4xf5  d6-d5?

Nach diesem Zug geht die Partie schnell zu Ende!

 19.Sf2-g4+!  Kf6-e7 20. f5-f6+  Ke7-e6 21. f6xg7D Sf7-d6 22.Dg7xe5+  Ke6-d7 23.Sg4-f6 Matt

Selbst, wenn diese Partie nun wirklich nicht besonders stark gespielt wurde, stellte sie einen gewaltigen Motivationsschub dar, war sie doch die erste vollständige von einem Computer gespielte und wurde auch noch gewonnen.

 

6: 1958; DAS ERSTE SCHACH-PROGRAMM:

Dennoch konnten diese Partie die gewaltigen Probleme bei der Schach-Programmierung nicht überspielen. Was aber einige Programmierer-Teams nicht entmutigen konnte. 1958 wurde dann das erste regulär spielende Programm von Alex Bernstein, M.V. De Roberts, A. Arbuckle und M.A. Belsky vorgestellt, dessen Vorarbeiten aber schon auf das Jahr 1957 zurückgehen. Dieses lief auf einem IBM 704, der schon 42.000 Operationen in der Sekunde ausführen konnte. Zum Vergleich: Der Maniac I konnte nur 11.000 Operationen ausführen. Man verwechsele aber nicht die Anzahl der ausführbaren Operationen mit denen der berechenbaren Schachstellungen pro Sekunde, die natürlich erherblich geringer war! Interessanterweise war das Programm “Bernstein” ein Typ-B-Programm! Die meiste Rechenzeit wurde dafür verwendet das Programm für die Beantwortung von “Fragen”, die es sich vor jedem Zug stellte.

1. Befinde ich mich im Schach? Wenn ja, schlage den gegnerischen Stein, stelle eine eigene Figur dazwischen oder ziehe mit dem König weg. Falls nicht...

2. Ist es möglich ein Figur zu tauschen? Wenn ja, tu es oder ziehe mit der betreffenden Figur fort.

3. Kann ich meinen Springer oder Läufer entwickeln?

4. Kann ich rochieren?

5. Kann ich mit dem Turm eine freie Linie besetzen?

6. Kann ich eine Figur auf einem Feld positionieren, das für meine Bauernstruktur günstig ist?

7. Kann ich mit Bauern ziehen?

8. Kann ich irgendeine Figur ziehen?

und so weiter ...!

 

Diese ganze Fragerei hielt das Programm sehr lange auf. So daß für die Rechentiefe von zwei Halbzügen etwa acht Minuten Rechenzeit aufgewendet werden muten! Dabei wurden diese Rechenebenen nicht einmal erschöpfend untersucht. Mittels obiger Kriterien und einiger weiterer wurden nämlich aus jeder Rechentiefe die sieben plausibelsten Züge herausgesucht und nur diese verfolgt. Schwierigkeiten bereitete auch die Ein-/Ausgabe auf Lochkarten, so daß nur zwei vollständige Spiele durchgeführt wurden. Hier eine Kostprobe:

(3) Bernstein - unbekannter Mensch [C23]

1.e4 e5 2.Lc4 b6 3.d3 Sf6 4.Lg5 Lb7 5.Lxf6 Dxf6 6.Sf3 c6 7.0–0 d5 8.exd5 cxd5 9.Lb5+ Sc6 

10.c4 (10.Sf3xe5 würde hier schon einen Bauern gewinnen, doch schon damals zeigte sich die typische Schwäche der selektiven Programme, ihre taktische Schlagkraft) dxc4 11.Lxc6+ Dxc6 12.dxc4 e4 13.Sg5 Dg6 14.Sh3 e3 

15.f3 (Immerhin. Das Matt hat Bernstein gesehen!) Lc5 16.Te1 0–0 17.Sc3 e2+ 18.Sf2 Lxf3 19.g3 exd1D 20.Scxd1 Dc2 21.b3 Tad8 22.h4 Txd1 0–1

Weiß gab auf. 

Anhand der Eröffnung ist aber zu vermuten, daß auch der Schwarze kein sehr guter Schachspieler war

 

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