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war da schon, daß David Levy aufgrund seiner Wette so viel
Aufmerksamkeit erregt hatte, daß sogar das Fernsehen Interesse zeigte.
Sein Schaukampf am 7. Februar 1979 gegen Chess 4,8 wurde vom ZDF am 11.2
in Ausschnitten übertragen und sage und schreibe 80.000 Zuschauer
forderten hinterher die Partienotation beim Sender an, eine unglaubliche
Zahl für Schachveranstaltungen! Daß die überaus spannende und
lehrreiche Partie Remis ausging, war angesichts der aufgebotenen Technik
(ein zweckentfremdeter Industrie-Roboter bewegte die schwarzen Steine für
Chess 4,8) schon fast Nebensache! Levy
verlängerte daraufhin übrigens seine Wette, daß kein Programm ihn
schlagen würde um weitere fünf Jahre und setzte diesmal 1000 Dollar.
Das OMNI-Magazin erhöhte dann diesen Betrag um 4000 Dollar. Große
Wellen schlug auch noch eine andere Wette, die der Computerspezialist
Dave Cahlander mit dem amerikanischen Großmeister Walter Browne abschloß.
Cahlander bot 100 Dollar, wenn es dem Großmeister gelänge das Endspiel
König und Dame gegen König und Turm aus einer vorher festgelegten
Stellung in der vorgeschriebenen Anzahl von 50 Zügen zu gewinnen! In
Großmeister-Kreisen gilt dieses Endspiel als trivial, so daß Browne an
leicht verdientes Geld glaubte. Was er nicht wußte, war, daß Belle
dieses Endspiel erschöpfend analysiert hatte und demzufolge dieses
Endspiel perfekt spielte. Tatsächlich verlor Browne dann die Wette
auch, zumindest im ersten Versuch und der Welt wurde zum ersten Mal eine
vollständige Analyse eines komplizierten Schachendspiels vorgeführt,
der noch weitere folgen sollten, dazu jedoch später! Viel
Neues gab es auf dem immer wichtiger werdenden Markt der Mikros. Auf dem
deutschen Markt wurden 1979 schon etwa 10 verschiedene Modelle
angeboten. Mit dem Fidelity Voice kam zu Weihnachten der erste
sprechende Schachcomputer auf den Markt. Dafür kannte der Chess
Champion Super System III als erster Mikro sämtliche Unterverwandlungen
und mittels eines optionalen Druckers konnten Partien und Stellungen
ausdruckt werden. In
Alaska schrieb David Kittinger sein erstes Mychess-Programm, das später
in verschiedenen Versionen diverse Novag-Geräte angetrieben hat. Bei
einem Turnier lief es auf einem Z80-Prozessor, war immerhin schon 20 KB
lang und landete auf einem sehr guten 6. Platz, während Sargon 3 nur 7.
wurde! Im direkten Vergleich verlor Mychess jedoch gegen Sargon. Bei
der europäischen Mikrocomputer-Meisterschaft, die vom 1.-3. November
1979 in London ausgetragen wurde, konnte sich Sargon jedoch
rehabilitieren, indem es das Turnier mit 5 aus 5 gewann! Mychess holte
nur 3 Punkte und wurde damit Dritter. Das einzige kommerzielle Gerät,
der Chess Challenger Voice wurde sogar nur sechster mit 2,5 Punkten. 21:
1980: MEPHISTO ERSCHEINT “WIEDER” AUF DER BILDFLÄCHE Anfang
der 80er Jahre traten die Großcomputer immer mehr in den Hintergrund.
Die Schachcomputer-Interessierten begeisterten sich viel mehr für das
Abschneiden ihrer kleinen Lieblinge, die zu Hause auf dem
Wohnzimmertisch standen. So fand die 3. Weltmeisterschaft vom 22. bis
25. September in Linz eher magere Beachtung. Die Welt nahm immerhin
Kenntnis davon, daß Belle, wie erwartet gewann, obwohl der
Spezialrechner erst noch einen Stichkampf mit Chaos, der ebenfalls 3,5
Punkte erzielt hatte, bestreiten mußte. Ein Kuriosum sei noch vermerkt.
Chaos gewann seine Partie gegen Nuchess mit einem bemerkenswerten Opfer:
(21) Chaos - Nuchess [WM Linz, 3.Runde,03.09.1980]
wKg1,Qe2,Na4,d4,Bb3,c1,Ra1,d1,Pa2,b2,f3,g3,h2/bKe8,Qb8,Nd7,f6,Bb7,d6,Ra8,h8,Pa6,b4,e6,f7,g7,h7 “Diese
Stellung hab’ ich doch schon mal irgendwo gesehen”, werden sie jetzt
denken, und in der Tat erreichte Chaos gegen Chess 4,0 bei der WM 1974
in Stockholm fast die gleiche Stellung, lediglich der eine schwarze Läufer
stand damals nicht auf g6 sondern auf b7! der Programmierer von Nuchess,
David Slate, muß im Boden versunken sein, denn nicht nur Nuchess
stammte von ihm, sondern auch Chess 4,0! Chaos war dieser Fauxpas
jedenfalls überhaupt nicht peinlich, er schlug mit seinem Springer
wiederum auf e6 und gewann ähnlich wie sechs Jahre zuvor! Das
ACM-Turnier 1980 in Nashville gewann Belle natürlich auch, mit 4
Punkten aus 4 Partien. Die Überlegenheit von Belle war mittlerweile
erdrückend geworden. Dies lag vor allem an der weiteren
Geschwindigkeitssteigerung, die erreicht worden war. In Linz spielte
Belle, dessen Entwicklungskosten mit etwas mehr als 20.000 US-Dollar
angegeben wurde, in einer Version, bei der 1700 Chips zusammengeschaltet
waren. Diese Version war in der Lage etwa 150.000 bis 200.000 Stellungen
pro Sekunde zu analysieren und rechnete damit im Mittelspiel in der
Regel acht Halbzüge tief! Zum ersten Mal wurde bei dieser Meisterschaft übrigens ein Cray-1Computer eingesetzt. Dieser 20 Millionen Dollar teure Rechengigant konnte in einer Sekunde 80.000.000 (in Worten 80 Millionen!) Rechenoperationen durchführen. Das sind deutlich mehr als ein kluger Mathematiker in seinem ganzen Leben vollbringen kann! Auf diesem Supercomputer lief das Programm Blitz, das bereits seit dem ACM-Turnier 1976 in Houston bekannt war. Nun aber unter dem Namen Blitz. Bedenkt man die enormen Fähigkeiten des Cray-1, erscheint die Leistung |