Guter Rad ist nicht teuer!
Günter Niggemann berichtet über den neuen Kasparov Blitz

Zwar orthographisch und grammatikalisch falsch, aber im übertragenen Sinne wohl richtig, kennzeichnet die Überschrift das jüngste Schachcomputerbaby aus der Saitek/Kasparov-Entwicklungsretorte, den Blitz: Ein Schachhirn mit Vollsensorbrett, 64 Leuchtdioden und „Scan-Logik-Bedienung“ nur über Einstellräder, ohne Tasten und Knöpfe.

Unwillkürlich drängt sich mir eine Verballhornung und Wortspielerei nach der anderen auf, als ich nach einer Einleitung für diesen Artikel über den Räderbestückten Kasparov/Saitek Blitz suchte. Nach den rädlichen Bemühungen von CSS-Autor Czub, mit seinem Novag C- und Mephisto MMV-Radgeber sein negatives (?) Image (Thorsten Saitek) auszuradieren, war mir von vornherein klar, dass es schwer sein dürfte, das richtige Radlermaß zu bewahren.

Kommt Zeit, kommt Rad! Das dachte sich wahrscheinlich auch das Saitek/Heuristic Team, welches ja schon für einige bahnbrechende Entwicklungen (z.B. Blitzbrett, LCD-Schachbrett, 81-LED-System, OSA, etc) auf dem Schachcomputersektor verantwortlich zeichnete.

Zwecks Schilderung des Entwicklungsganges dieses Systems drehen wir das Rad der Geschichte etwa drei Jahre zurück: Im Jahre 1987 entwarf Julio Kaplan, der Saitek-Chefprogrammierer, die Idee einer einfach zu bedienenden Ein-/Ausgabeeinheit mit nur noch wenigen Tasten. Einige Zeit später, als es der Stand der Technik und die Produktlinie erlaubten, wurde dieses Vorhaben von Firmenchef Erich Winkler aufgegriffen. Er schlug vor, statt der herkömmlichen Tastatur Räder oder Scheiben zur Einstellung der Funktionen zu verwenden. Nach dieser Vorgabe konstruiere Julio ein System, das sich lediglich zweier Einstellräder und einer Taste bediente. Das war aber Peter Sun, dem Leiter der Saitek Entwicklungsabteilung, noch nicht radikal genug. ER gestaltete Design und Funktion um und eliminierte die letzte verbliebene Funktionstaste. Für ganz konservative Gemüter: der Ein/Aus-Schalter ist als Relikt einer vergänglichen Epoche geblieben.

Hatte man mit dem neuen „Scan-Logik Kommandosystem“ vielleicht das Rad neu erfunden? Urteilen Sie selbst.: 

Nimmt man den Blitz zum ersten Mal aus der üblichen Perspektive in Augenschein, dann sieht man....

Tja, man sieht außer den beiden Displays und den Logos eigentlich nichts. Erst nach drehen des Gehäuses erkennt man die je in einer Mulde an der rechten Seite verborgenen Einstellräder. Von oben nach unten angeordnet befinden sich zunächst das Modus-Rad (zur Anwahl der Funktionen), das Daten-Rad (zur Auswahl  einer Einstellung oder Option) und der Ein/Aus-Schalter.

Das Modus-Rad hat die Saitek Terminologie im Prinzip beigehalten. Die Oberfläche des Rades, von der beim Drehen jeweils ein kleiner Ausschnitt im darüber liegenden Sichtfenster erscheint, enthält die folgenden Beschriftungen, die die möglichen Einstellungen kennzeichnen:

1. READY-----2. OPTIONS-----3. INFO-----4. GAME-----5. SET UP-----6. LEVEL


 

(Wie bei den anderen Firmen auch, fordert der internationale Markt als Tribut englische Bezeichnungen.)

Die zugrundeliegende Bedienungskonzeption soll an drei Beispielen exemplarisch erläutert werden.

1. Einstellung einer Spielstufe

Vorausgeschickt werden muss, dass – wie bei den andern Saitek/Kasparov-Computern der Oberklasse auch – jedem Quadrat des Spielfeldes eine Spielstufe zugeordnet ist. Mit einer Drehung des Modus-Rades einen Rastpunkt gegen den Uhrzeigersinn (die sechs Modi sind doppelt und damit 12 Rastpunkte vorhanden, so dass man mit einer Fingerbewegung um zwei Modi springen kann) wird zunächst die Funktion Spielstufen angewählt. Im Analog-Display wird die Einstellung [LEVEL 6] sichtbar. Das Rad rastet ein und gleichzeitig wird ein bestätigender Kontrollton hörbar.

Durch Drehen des Datenrades sucht man sich dann aus der Palette der insgesamt 64 Stufen die gewünschte aus. Jede Veränderung der Einstellungen wird mit einem Kontrollton quittiert und ist sowohl an der Leuchtdiode des betreffenden Feldes als auch an der LCD-Daten-Anzeige ablesbar.

0:05  I  99 ----------  LEVEL 6

5 Minuten für 99 (=sämtliche) Züge

Wird die gewünschte Spielstufe angezeigt, im gewählten Beispiel C1, stellt man einfach das Modus-Rad mit einer leichten Drehung im Uhrzeigersinn auf [READY 1]; Im Display wird für beide Seiten die jeweilige Gesamtbedenkzeit von 5 Minuten sichtbar. Da das Datenrad extrm leichtgängig ist, können selbst weit auseinanderliegende Spielstufen schnellstens eingestellt werden.

2. Rücknahme einer Zugfolge

Man dreht das Modus-Rad, bis [GAME 4] im Sichtfenster erscheint (Richtung gleichgültig), danach das Einstellrad gegen den Uhrzeigersinn. Im LCD-Display wird die Nummer des letzten Zuges, die Notation desselben und  das Symbol der Figur sichtbar, die diesen letzten Zug ausgeführt hat. Durch weiteres Drehen erhält man die vorherigen Züge angezeigt. Analog dazu braucht man das Einstellrad nur im Uhrzeigersinn zu drehen um die gespielte Partie Revue passieren zu lassen.

Diese Art der Rücknahme ist in etwa mit der Analyse bei Renaissance, Corona etc. zu vergleichen, nur dass bei letzteren der Weg durch die Zugfolge mit den Tasten [+]  und [-] vorgeschrieben ist.

Die Rücknahem der Züge auf dem Brett ist natürlich ebenfalls möglich, doch da käßt man sich der Einfachheit halber von den Leuchtdioden leiten.

 3. Figur entfernen und Stellungsüberprüfung

Man dreht das Modus-Rad, bis [SETUP 5] erscheint, dann nimmt man die Figur vom Brett, mehr nicht, fertig!

Um die Stellung zu kontrollieren, wird das Einstellrad nach links gedreht, bis das Symbol der zu überprüfenden Figur in der Flüssigkeitskristallanzeige erscheint. Falls sie auf dem Brett vorhanden ist, werden die dazugehörenden Koordinaten angezeigt. Durch Drehen im Uhrzeigersinn werden die Koordinaten eventuell in der Brettstellung vorhandener, weiterer Figuren dieses Typs sichtbar.

Mittels geschickter Anordnung der Optionen auf Modus- und Datenräder können die meisten Funktionen auf derart einfache Weise angesteuert werden. So fällt es einem aufgrund der Eingängigkeit der Systematik un der einfachen Handhabung leicht, bereits nach kurzer Eingewöhnungszeit auf das Handbuch zu verzichten. Einige Einstellungen wiederum, z.B. Abruf eines Computerzuges und Starten nach Seitenwechsel erfordern mehrere „Arbeitsvorgänge“; hier vermisst man die Taste „PLAY“ (oder „ENT“). Dies Schicksal teilt der Blitz mit dem Portorose (CL, Pfeil-Taste, ENT).

Wie alles neue wird auch diese System bei den Schachspielern je nach Natur sicherlich sowohl auf ungeteilte Zustimmung als auch harsche Ablehnung stoßen. Man denke nur an die Stürme der Entrüstung bei Einführung des Almeria. Die Firma Saitek jedenfalls ist davon überzeugt, dass diese pfiffige Neuerung nicht nur Liebhaber, sondern die Akzeptanz einer breiten Käuferschicht finden wird.

Das Scan-Logik-Eingabesystem ist aber nicht die einzige Neuheit dieses Computers.

Potzblitz: 64 LEDs für unter 500

Während die Münchner Konkurrenz weiterhin auf Spielstärke setzt, bleibt Saitek seinem Wahlspruch „Computer von Menschen für Menschen“ treu und verfolgt konsequent vorrangig das Konzept einer vollständigen und komfortablen Ausstattung. Für einen empfohlenen Kaufpreis von 449,- DM (plus 39,- DM für das optionale Netzteil) wird - wenn man vom Schwachcomputer Chess Master Diamond einmal absieht – erstmalig ein Vollsensorbrett mit 64 Leuchtdioden unterhalb der magischen Grenze von 500,- DM auf den Markt gebracht.

Möglich wurde dies durch eine Innovation der Saitek-Ingenieure. Konventionelle Systeme arbeiten mit sogenannten Reed-Kontakten, die durch Magnete in den Figuren geschlossen resp. Geöffnet werden und auf diese Weise die Figurenbewegungen erkennen.

Das neue Saitek-Prinzip, das zum Patent in Europa und in den USA angemeldet wurde, basiert auf der elektromagnetischen Kopplung von Spulen. Jedes Quadrat des Spielfeldes ist mit zwei Wicklungen bestückt. Die eine erzeugt eine Induktionsfluss, die anderer registriert ihn. In die Standfläche der Schachfiguren sind Ringe aus Aluminium eingearbeitet, die, wenn sie auf einem Feld abgesetzt werden, den elektrischen Induktionsfluss beeinträchtigen, weil der Aluminiumring wie ein reflektierender Schild wirkt.

Für die praktische Anwendungen dieses Systems mussten einige Hürden genommen werden. Neben den technischen Maßnahmen zur Minimierung des Batteriestromverbrauchs und der elektromagnetischen Störstrahlung war für ein solches Sensorbrett, wie es beim Blitz Verwendung finden sollte, die Geschwindigkeit der Erkennung von Figurenbewegungen von größter Wichtigkeit.

Das Problem wurde auf eindrucksvolle Weise im Zusammenwirken von Technik und Software bewältigt. Das Schachbrett wird durch ein Programm im Rahmen einer „intelligenten“ Abfrage auf Figurenbewegungen unterscuht. Intelligent deshalb, weil das Programm einige Felder häufiger scannt: die Felder, bei denen eine Figurenbewegung wahrscheinlich ist.

Die Vorteile dieses Systems liegen in der Blitz- und Schnellschachtauglichkeit des Schachbrettes und vor allen Dingen auf der Kostenseite; Hersteller und Verbraucher profitieren gleichermaßen davon. Das System ist auch robuster gegen Erschütterungen beim Transport.

Ausstattung

Über die Beschreibung der technischen Neuerungen soll aber nicht die sonstige Ausstattung des Blitz in Vergessenheit geraten: Bei Außenabmessungen von ca. 43 x 33 x 4 cm und der Spielfläche von 25 x 25 cm stellt er eine akzeptable Lösung auch für den Blitz- und Schnellschachbereich dar, für den er offensichtlich in seiner Programmauslegung konzipiert wurde. Hierzu tragen auch die relativ „schwergewichtigen“ mit einer Bleieinlage versehenen Figuren bei (Königshöhe 60 mm). Die für Kunststofffiguren hohe Standfestigkeit wird zum einen durch dieses Bleigewicht, zum anderen durdch eine Filzunterlage erreicht, die aufder Kunststoffoberfläche der Spielfläche eine eigene Haftungswirkung besitzt. Das moderne Design ist recht gefällig, wenngleich ich mir eine größere LCD-Anzeige gewünscht hätte, die bei künstlichem Licht leichter abzulesen wäre.

Mit insgesamt 64 Spielstufen, die sich wie folgt unterteilen, ist der Blitz für alle Fälle gerüstet.

A1 - A8: Stufen mit durchschnittlicher Rechendauer von einer Sekunde (A1) bis zu 3 Minuten (A8).

B1 - B5: Turniere mit festen Zeitkontrollen, z.B. 40 Züge in 2 Stunden.

B6: Eine Stunde pro Zug. Insbesondere für Analysen in Komb. Mit der automatischen Spielfunktion.

B7: Unbeschränkte Analyse

B8: Problemstufe

C1 - C8: Stufen mit Zeitvorgabe für die ganze Partie mit Anzeige der Restzeit (z.B. Blitz- od. Aktiv)

D1 - D8: Anfängerstufen mit reduzierter Spielstärke

E1-G8: Stufen mit festen Zeitkontrollen.

H1-H8: Experimentierstufen mit Suchtiefen von einer bis zu acht Halbzügen.

Gewählte Einstellungen bleiben auch nach dem Abschalten des Gerätes erhalten. Während Dinge wie Automatikfunktion, Wechsel der Spielrichtung, Stellungsüberprüfung, Eingabe und Info-Anzeige heute Standart sind (vergleiche auch den Artikel von F. Fiedel „Die Mitteilungsfreudigen“, CSS 6/87) und denen von Turbo-King, Simultano etc. entsprechen, ist die vom Blitz gebotene automatische Erkennung der Grundstellung immer noch eine extra Erwähnung wert.

Ebenso die Einstellmöglichkeiten der Schachuhr: Hier kann man zwischen einer für reguläre Turniere (tourn on) und einer für „Computerturniere“ wählen. Bei ersterer läuft die Zeitmessung bis zur Ausführung des Zuges am Brett; bei letzterer wird die Uhr nach Ankündigung gestoppt. Nette Funktion für gestresste Tester.

Die Wege ins Mittelspiel ebnet dem mit 10 MHz getakteten 32K-Chip eine durchschnittlich große, aber variantenarme Eröffnungsbibliothek von 17.000 Halbzügen. Nicht viel, wenn man sie mit dem Turbo-King vergleicht, aber immerhin mehr als z.B. bei MM V.

Julio´s Kontrastprogramm

Die bisherigen Programme aus der Heuristic-Softwareschmiede zeichneten sich auf Kosten der Geschwindigkeit durch profundes Schachwissen aus. Dies spiegelte sich in einer taktischen Empfindlichkeit bei kurzen Rechenzeiten von bis zu ca. 15 Sek./Zug, aber auch in einer deutlichen Spielstärkesteigerung unter Turnierbedingungen (40Z/2h) wieder. Die Leistungen in der Partie gegen Menschen geben ein beredtes Zeugnis hiervon: Turbo-King als Stadtmeister Münster 1988 in der Gruppe ab INGO 120, geteilter 1. Bis 3. Platz bei der Seniorenmeisterschaft des Schachbundes Nordrhein-Westfalen in 1989 für Renaissance/Maestro D 10 MHz, um nur zwei Beispiele zu nennen.

In Partien gegen Computer agierten demgegenüber die Kaplan-Programme nicht sonderlich erfolgreich, wie sich aus der Schweden-Liste ablesen läßt. Obwohl ich die Liste als zusätzliches Beurteilungskriterium nicht missen möchte, glaube ich, dass deren Bedeutung überschätzt wird, denn schließlich werden Computer nicht von Computern gekauft, oder?

Mit dem Blitz ist man bei Heuristic in eine andere, die entgegengesetzte Programmierrichtung gegangen: Ein schnelles aber mit geringerem Schachwissen ausgestattetes Programm wartet im direkten Vergleich zu seinem größeren Brüdern mit besseren Lösungszeiten bei Schachproblemen un taktisch geprägten Stellungen auf.  Wie der Name bereits andeutet, sollte insbesondere für Blitz- und Schnellschachpartien ein komfortabler Gegner geschaffen werden, was offensichtlich gelungen zu sein scheint, denn bei den U.S. Blitz Open vor einigen Monaten schlug sich der Kasparov/Saitek Blitz recht wacker, wie die folgenden Ergebnisse zeigen:

ELO Gegner 1677, mit weiß 1, mit schwarz 0

ELO Gegner 1706, mit weiß 1, mit schwarz 1

ELO Gegner 2191, mit weiß 1, mit schwarz 1

ELO Gegner 2388, mit weiß 1, mit schwarz 1

ELO Gegner 2531, mit weiß 0, mit schwarz 0

Die gegen einen Gruppendurchschnitt von 2198 erzielte WBCA-Performance von 2268 halte ich allerdings für eine Wertung, die nur in Ausnahmefällen erreicht werden kann und nicht die durchschnittliche Leistungsfähigkeit reflektiert.

Dies möchte ich mit folgendem Beispiel belegen:

Niggemann - Blitz [D50]

Stufe C1, 5min-Partie), 1990

1.c4 e6 2.d4 Sf6 3.Lg5 Lb4+ 4.Sc3 d5 Grau ist alle Theorie und die Bibliothek erschoepft. Durch Zugumstellung wurde eine Variation des Damengambits, das selten gespielte Canal/Prins-Gambit, erreicht. 5.e3 Lxc3+ Besser waere es, mit 5...c5 das Zentrum anzugreifen oder zumindest mit 5....h6 den Laeufer zu befragen. 6.bxc3 0–0 7.Sf3 Sc6 8.c5 Ein fragwuerdiger Zug, aber fuer diesen Computer moeglicherweise "psychologisch" richtig. 8...Ld7? 9.Ld3 h6 10.h4 vertraut auf die Fresssucht des Computers. 10...hxg5 11.hxg5 Se4 12.Lxe4 dxe4 13.Se5 Nun ist schon guter Rat teuer. Das drohende Matt kann nur durch zumindest Teilrueckgabe des Materials abgewendet werden. Das Zwischenschach miit dem Springer im 14. Zuge jedoch schiebt diese bittere Erkenntnis ueber den Rand des Horizontes. 13...Sxe5 14.Dh5 Sd3+ Angezeigt war hier 14...f6! und nach Rueckgabe des Springers (15.dxe5 fxg5 oder 15.g6 Sxg6) ist dem weissen Angriff die Kraft genommen. 15.Kd2 f5 16.g6 Dh4 Sicherlich haette ich schon laengst die Karten neu mischen koennen, aber war da nicht der Wunsch in mir, den Becher des Triumphes bis zum letzten Tropfen zu leeren? Genugtuung fuer Partien, in denen ich unter die Raeder gekommen war? 17.Txh4 Sxf2 Gehopst wie gesprungen, dachte sich der Gaul und verzehrte sein Gnadenbrot. 18.Dh7# 1–0

Na ja, was soll es, werden Sie sagen. Eine durchschnittliche Partie, die Fehler (variantenarme Bibliothek, Schwächen im Eröffnungsspiel außerhalb der Bibliothek, Lücken in der Königsverteidigung) eines durchschnittlichen Rechners offen legt. Ganz so einfach habe ich es mir da doch nicht gemacht. Ich möchte Sie auffordern, diese Partie ab 10.h4 doch einmal auf Ihrem MM V, dem Roma II oder gar dem Portorose 32 Bit unter Blitzbedingungen nachzuspielen, und Sie werden feststellen, dass die Zugfolge bei MM V und Roma II identisch ist, und selbst der Viereinhalbtausender auf ähnliche Weise sang- und klanglos untergeht.

Offenbar unterscheidet sich hier der Apparat für 450 DM doch gar nicht so gewaltig von seinem Kollegen, der für eine Null mehr direkt vor dem Komma zu haben ist?

Doch selbstverständlich unterscheidet er sich, sogar deutlich; aber ich wollte Ihnen einmal die Absurdität solcher Vergleiche vor Augen führen. Dann kann ich auch gleich mit einem auf Komfort ausgelegten 190er Mercedes Diesel ein Rennen gegen einen 12-Zylinder BMW fahren.

Auf Partnersuche

Für welchen Spieler ist er also geeignet? Klopfen wir für die Beantwortung dieser Frage einmal die Angeben des Herstellers in der Bedienungsanleitung ab, in der er davon spricht, dass weniger als 5% aller Schachspieler den Blitz schlagen können.

Die Wickert-Institute haben vor Jahren in einer für den deutschen Schachbund durchfeführten Umfrage ermittelt, dass ca. 10 Millionen Menschen in der Bundesrepublik angeben, zumindest gelegentlich Schach zu spielen. Eine Zahl, die  von den mit der Materie Vertrauten zwar für zu hoch gehalten, aber auch intern für nicht geringer als ca. 5 Millionen geschätzt wird  Nur ein Bruchteil hiervon, knapp unter 85.000, ist in Vereinen organisiert. Selbst unter Einbeziehung der Mitglieder des B(undes) D(eutscher) F(ernschachfreunde), anderer Organisationen, wie z.B. C(hess) i(n) F(riendship), und privater Vereine bilden die organisierten Schachspieler nur einen harten Kern von ungefähr 100.000 Personen, und machen damit gerade einmal 2% der Schachspieler aus (bezogen auf die damalige Bundesrepublik). Von diesen 100.000 „besseren“ Schachspielern erreicht noch nicht einmal die Hälfte das Niveau des durchschnittlichen Vereinsspielers, das bei etwa 165 INGO (ELO 1520)  angesiedelt ist. Nach oben verjüngt sich diese Pyramide immer mehr. In der DSB-INGO-Liste von 1989 sind in der Kateforie INGO 120 und besser (ELO 1880) gar nur mehr 5.600 (in Worten: fünftausendsechshundert)  Namen aufgeführt.

Fazit: Die allgemeine Spielstärkeeinstufung der Firma Saitek ist also keineswegs zu hoch, eher zu niedrig angesetzt!

Fester Platz am Markt

Aufgrund der hier durchgeführten Stellungstest, Vergleichspartien mit anderen Computern (insbesondere Novag Super Nova, Mephisto Super Mondial I und II) und Testpartien mit unterschiedlichen Zeitkontrollen kann diesem Kasparov/Saitek Räderblitz für das Spiel gegen menschliche Partner eine „echte“ Blitz-INGO von ca. 140 (ELO 1750) und eine realistische Turnierleistung von etwa INGO 165 (ELO 1500) bescheinigt werden. In der schwedischen Eloliste wird er sich nach meiner Schätzungen im Bereich um 1600 bis maximal 1700 ELO einpendeln.

Damit liegt er mit seinem 32K-Chip im 10 MHz-Takt auf dem Niveau zwar älterer, aber umso klangvollerer Schachcomputergrößen wie Novag Super Constellation und Fidelity Elite A/S, für die man einige Hunderter mehr über die Ladentheke schieben mußte.

Unter Berücksichtigung der geschilderten Leistungsstärke, Spielkomfort und zumindest in den Grundfunktionen einfachen Handhabung des neuen Scan-Logik-Systems ist er geeignet für den weiten Bereich des absoluten Anfängers bis hin zum beginnenden Vereinsspieler der unteren Klassen und sollte sich dank des günstigen Preises hier auf Dauer einen festen Platz in der Marktlandschaft erobern.

Zusammenfassung

+PLUS: relativ blitzstarkes Programm mit ungewöhnlichem Spielstil

+PLUS: große Eignungsbandbreite vom Anfänger (spezielle Handikapstufen) bis zum Vereinsspieler  der untern Klassen.

+PLUS: neuartiges Bedienungssystem (Scan-Logik) mit in den Grundfunktionen leicht erlernbarer und einfacher Handhabung.

+PLUS: übersichtlich, gut ansprechendes Vollsensorbrett mit 64 Leuchtdioden und standfesten Figuren

+PLUS: attraktiver Preis

+PLUS: ein Jahr weltweit Garantie

 

-MINUS: Eröffnungsbibliothek variantenarm

-MINUS: Schwächen beim Übergang zum Mittelspiel

-MINUS: Endspielschwächen

-MINUS: bei Sonderfunktionen gewöhnungsbedürftiges System

(der Bericht ist von CSS 6/90)

 

Zurück zur Hauptseite